Das Umweltbundesamt (UBA) bestätigt: Ab Oktober 2016 gelten Polystyrol-Dämmstoffe mit HBCD als „gefährlicher Abfall“.
In Deutschland wird zur Wärmedämmung von Gebäuden am häufigsten das Material Polystyrol eingesetzt. Dies ist auch bekannt z. B. unter dem Markennamen Styropor. Damit diese unter sehr hohem Energieeinsatz aus Erdöl hergestellten Dämmplatten nicht brennen, wurde bisher oft das giftige Flammschutzmittel „Hexabromcyclododecan“ (HBCD) beigemischt. Dieses ist mittlerweile weltweit verboten. Es steht unter dem Verdacht, die Fortpflanzung zu beeinträchtigen. Dennoch galt das Material bei der Entsorgung bisher als „gemischter Bauabfall“ und nicht als Sondermüll. Experten haben das schon immer eingefordert.
Nun wurde die Abfallverzeichnisverordnung novelliert und die Grenzwerte in der EU-POP-Verordnung wurden verschärft. Danach gelten Dämmstoffabfälle, die HBCD enthalten ab Oktober 2016 als „gefährlicher Abfall“, also Sondermüll. Dieser darf dann nur noch in dafür genehmigten Siedlungs- und Sondermüllverbrennungsanlagen behandelt werden.
Deshalb setzen die Hersteller von Polystyrol-Dämmstoffen jetzt das neue Ersatz-Flammschutzmittel PolyFR ein.
Das Ganze ist – sollte man meinen – nicht nur hinsichtlich des Gesundheitsschutzes für die Menschen, sondern auch für uns und alle Hersteller von Naturdämmstoffen, für die Verarbeiter, Planer und den Fachhandel eine gute Nachricht.
Aber – die großen Probleme bei der Umsetzung dieser Gesetzesnovelle werden zukünftig an den Baustellen auftreten.
Diese Meinung vertritt auch das UBA, da eine Reihe von Fragen zur zukünftigen Entsorgungspraxis noch nicht beantwortet ist:
Wer darf überhaupt eine mit HBCD belastete Styropor-Fassade zurückbauen und entsorgen?
Welche Siedlungs- und Sondermüllverbrennungsanlagen dürfen diesen Sondermüll annehmen?
Welche Kosten für die Entsorgung kommen auf den Bauherren zu?
Dies sind nur drei von vielen Fragen, die wir an verantwortliche Referatsmitarbeiter im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) und im Umweltbundesamt (UBA) gestellt haben. Die Bundesbehörden empfehlen dem Fachhandel und den Verarbeitern, sich mit diesen und ähnlichen Fragen an die Hersteller der Polystyrol-Dämmstoffe zu wenden. Derzeit wird zwischen dem Bund und den für die praktische Umsetzung der Verordnungs-Novelle verantwortlichen Ländern sowie der Dämmstoffindustrie die Entsorgungspraxis diskutiert und ein Konzept erarbeitet.
Natürlich herrscht nun viel Unsicherheit bei allen Beteiligten. Der Baustoff-Fachhändler S. aus A. brachte es mit seiner Feststellung vor einigen Tagen auf den Punkt:
„Wir können die Kundenfragen zur zukünftigen Entsorgung von Styropor-Dämmstoffen nicht beantworten. Das bisher hierin enthaltene Flammschutzmittel ist kritisch zu hinterfragen. Die Entsorgung wird empfindlich teuer und kein Bauherr oder Handwerker weiß, wie der Rückbau in der Praxis funktionieren soll. Zukünftig werden wir verstärkt Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen einlagern und unsere Kunden dahingehend beraten“.
Quelle: Newsletter THERMO NATUR 2016